In der Ausgabe des Schweizerischen Beobachters Nr. 21/2010 erschien ein Artikel, worin mein Konzept der Herstellung von Mass-Schuhen erwähnt wurde.
Ein Kommentator/in zitierte mit Post vom 24.10.2010 20:50 Uhr unter anderem diese Meinung zu dem Artikel: "Geiz ist geil" und "Made in Switzerland" passen nicht zusammen. Er/sie kritisiert damit die ausländischen Teilherstellungen bei orthopädischen Mass-Schuhen, die seiner Ansicht nach günstiger seien als die heimische Produktion. Das sei, soweit ich ihn/sie verstehe, schädlich für das schweizerische Handwerk. Ein etwas moralisierender Unterton ist nicht zu überhören.
"Schweizer Qualität“ wird als Synonym zu "hohe Qualität" wahrgenommen, was der Begriff schweizer Qualität auch immer bedeuten mag. Nicht zu verkennen ist, dass Schweizer Produkte und Dienstleistungen beliebt sind. Einige Branchen profitieren von dem «Image-spill-over» auf die eigenen Leistungen und begründen damit einen hohen Preis. Hoher Preis = hohe Qualität lautet die daraus folgende Kette einer Norm, die bei vielen Schweizern tief verankert ist und indenitätsstiftend wirkt.
Ich bezweifle nicht, dass viele schweizerische Hersteller hohe Qualität liefern und sich Mühe geben, Qualitätsnormen hochzuhalten. Der gute Ruf schweizerischer Exporterzeugnisse steht dafür. In hartem Kampf um Preis, Qualität und Innovation wurde die schweizerische Industrie im Welthandel wie im Binnenmarkt gestählt. Die Marke Schweiz konnte sich als Premium Brand etablieren und viele Firmen nutzen Swissnes als Qualitätszeichen.
Der gute Ruf der Marke Schweiz darf uns jedoch nicht vor selbstkritischer Reflexion abhalten. Das schweizerische System hat nicht immer recht gehabt. Ein gutes Beispiel war die teure und aufwändige Eigenproduktion eines Panzers der Schweizer Armee, der sich hinterher als Flop erwiesen hatte (Panzer 68). Solche Beispiele wiederholten sich in der jüngeren Wirtschaftsgeschichte mehrmals. Hohe Qualität hat ein Produkt, weil es Qualitätskriterien erfüllt, nicht weil es schweizerisch ist. Man muss dem Denkmuster des protektionistischen Handelns auch entgegenhalten, dass Ineffizienz weder sozial noch patriotisch ist.
Das Problem ist letztendlich folgendes: Wir haben gar nicht genügend eigene Fachkräfte im Land, um unsere Aufgaben zu erfüllen. Wir rekrutieren schon seit Jahren ausländische Fachleute, weil wir nicht genügend oder nicht passende Mitarbeiter in der Schweiz finden. Unsere Leistungen sind schon daher nicht mehr rein "schweizerisch". Der Kampf der schweizerischen Branche gegen die Herstellungskooperation bei orthopädischen Mass-Schuhen ist schon deswegen nicht opportun. Und auch bei Teilherstellung ist der Schuh immer noch Made in Switzeland!
Bis bald
Patrick Winkler
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