Freitag, 31. Dezember 2010

Fairness

Ist die Anpassung eines orthopädischen Schuhes nach Mass eine Dienstleistung oder eine Produktion?

Das Bundesamt für Sozialversicherung argumentiert, es sei eine Dienstleistung, vergleichbar mit der Behandlung durch den Arzt oder Physiotherapeuten. Deswegen wird die gesamte Produktion wie eine Behandlung kalkuliert, deswegen bezahlen wir in der Schweiz im Durchschnitt doppelt so viel wie im angrenzenden Europa. In Wirklichkeit ist nur ein Viertel der Anpassung eines komplex-orthopädischen Mass-Schuhes Behandlung, die restlichen Dreiviertel sind anonyme Produktion. In seiner Gesamtheit betrachtet ist die Natur der Herstellung orthopädischer Mass-Schuhe ökonomisch und nicht zu vergleichen mit einer ärztlichen, physiotherapeutischen oder fusspodologischer Behandlung. Das wäre sonst etwa so, wie wenn ein orthopädischer Chirurge die Gelenkprothesen selber schmieden oder der Zahnarzt die Zahnkrone selber modellieren und herstellen würde.

Es ist eine Frage der Fairness, gegenüber den Prämien- und Abgabezahlern die Berechnungen in zeitgemässer Verfahrensart zu machen. Die Qualität der Leistungen wird nicht besser, wenn sie nach einem veralteten System berechnet werden.

Bis bald
Patrick Winkler

Montag, 27. Dezember 2010

Billiger heisst schlechter, findet der Bund

Orthopädische Schuhe sind Hilfsmittel für Menschen mit Behinderung an den Füssen und Beinen, die von den Sozialversicherungen bezahlt werden. Orthopädieschuhmacher stellen solche Schuhe her.

Das Bundesamt für Sozialversicherung sagt, Effizienzsteigerung liege bei den Klein- und Kleinstbetrieben der Orthopädiebranche nicht drin, es sei denn, man nehme schlechtere Qualität in Kauf (Artikel des Beobachters 21/2010). Die Effizientere CAD-CAM Technik, wie wir sie seit mehrern Jahren einsetzen, sei angelblich untauglich.

Wenn billiger schlechter bedeutet - würde meine Technik vom Bundesamt vielleicht eher akzeptiert, wenn ich sie teurer verkaufen würde? War es ein Fehler, dass ich etwas vorgebracht habe, das die Effizienz steigert, die Fokussierung erhöht, den Aufwand verringert und günstiger bei derselben Qualität ist?

Man kann nur hoffen, dass die Denkweise einmal aufbrechen wird.

Bis bald
Patrick Winkler

Freitag, 10. Dezember 2010

Bio Heimatgefühle

Für Bio Produkte erhalten die Produzenten mehr Geld als für konventionell angebautes Gemüse. Die Bio-Produktion schont die Umwelt, Bio-Bauern haben aber einen höheren Aufwand. Konsumenten sind bereit, für Bio höhere Preise zu bezahlen. Der Dachverband der Schweizer Bio-Bauern wacht über die strengen Richtlinien von Bio Suisse, nach denen die Biobauern das Gemüse herstellen.

Das Bio-Geschäft floriert: Letztes Jahr wurden Bio-Produkte für 1,5 Milliarden Franken verkauft – 50 Prozent davon von Marktführer Coop. Wie auch Volg oder Spar verwendet Coop die Knospe von Bio Suisse. Dieses bekannte Label steht für hohe Bio-Qualiät. Bio-Produkte sind teurer als konventionelle. (Zitat Kassensturz, Link siehe unten)

Sowohl Coop, Migros wie auch die Discounter Aldi und Lidl verkaufen Bio-Produkte, die nach den Richtlinien von Bio-Suisse hergestellt wurden. Ein Preisvergleich des Kassensturzes zeigte, dass dieselben Bio-Rübli bei Coop und Migros 45% teurer sind als bei Aldi und Lidl. Indessen verbietet Bio-Suisse den Discountern das Knospen-Label zu führen, obwohl sie die Richtlinien ebenso erfüllen und schützt damit die Grossverteiler Coop und Migros und weitere kleinere Händler vor der Konkurrenz.

Bio Suisse will seine Produktelabel nicht in Discountern sehen weil sie weiss, dass es der schweizer Mentalität widerspricht. Bio soll im teureren Segment positioniert werden. Tief sitzt das Vorurteil in weiten Kreisen der Konsumenten, was man im Discounter finde, könne keine hohe Qualität haben. Was man hingegen teuer gekauft habe muss einfach gut sein.

Welche Geisteshaltung steckt dahinter? Vielleicht will sich ein Teil der Konsumenten damit Abgrenzen. Der Einkauf bei bestimmten Detailhändlern gilt vielleicht als Statussymbol, die Läden sind Orte der Identifikation, bergen Heimatgefühl?

Was nicht sein darf kann nicht sein: Dass ein günstigerer Preis dieselbe Qualität haben kann. Die Hochpreisinsel lässt grüssen.

Bis bald
Patrick Winkler

Sendung Kassensturz

Mittwoch, 8. Dezember 2010

Sind orthopädische Mass-Schuhe Luxus?

Manchmal höre ich, Mass-Schuh-Anfertigungen seien Luxuslösungen. Reicht es nicht, wenn die Fussleidenden einfach nur weiche Turnschuhe anziehen und Einlagen tragen? Fall erledigt?

Solche Lösungen sind nicht immer sinnvoll. Manchmal genügen Einlagen nicht oder sind schlichtweg unmöglich. Auch semiorthopädische konfektionierte Spezialschuhe sind nicht immer die richtige Lösung. In meiner Praxis erlebe ich deswegen immer wieder, dass oft falsche Vorstellungen vorhanden sind.

Die Frage, ob orthopädische Mass-Schuhe Luxus sind scheint mir weniger das Problem darzustellen als die Frage, warum Mass-Schuhlösungen manchmal so unbeliebt sind.
  • Hat der Patient/in oder Artz/Ärztin damit schlechte Erfahrungen gemacht?
  • Ist der der Begriff "orthopädischer Mass-Schuh" mit negativen Vorstellungen belegt?
  • Wirken die hohen Kosten abschrekend?
Das sind allgemeine Fragen, die ich aus Äusserungen von Patienten und Ärzten ableite und die keine Umkehrschlüsse zulassen. Weil ich Ende der Neunzigerjahre einen tendenziellen Rückgang der Neuanfertigungen bei Mass-Schuhen feststellte, musse ich mir überlegen, woran das liegt und wie ich damit umgehen würde. Ich wusste, dass Versorgungsqualität und Know-how abnehmen würde, wenn ich eine bestimmte Häufigkeit von Neuversorgungen unterschreite.

Wir haben unsere Marktstrategie und Technik seit 2004 umgestellt. Heute stellen wir Mass-Schuhe in steigender Zahl her. Oft höre ich Kunden sagen, dass er nicht gedacht hätte, dass solche Anfertigungen trotz allem so viele Vorteile hätten. Und durch die Lieferung von Zusatzpaaren zu den vergüteten Schuhen ist der Fallpreis letztlich auch nicht mehr so hoch. Mass-Schuhe sind kein Luxus für wenige, sondern nützliche Hilfsmittel für viele.

Bis bald
Patrick Winkler

Mittwoch, 1. Dezember 2010

Multiple Sklerose

Die Multiple Sklerose (MS), auch als Encephalomyelitis disseminata (ED) bezeichnet, ist eine chronisch-entzündliche Entmarkungserkrankung des zentralen Nervensystems (ZNS), deren Ursache trotz grosser Forschungsanstrengungen noch nicht geklärt ist. Sie ist neben der Epilepsie eine der häufigsten neurologischen Krankheiten bei jungen Erwachsenen und von erheblicher sozialmedizinischer Bedeutung.

Die Multiple Sklerose verläuft schubartig. Zu Beginn der Erkrankung werden Seh- und Sensibilitätsstörungen häufig beobachtet. Durch Entzündungsherde im Bereich sensibler Nervenbahnsysteme können Sensibilitätsstörungen wie Missempfindungen (Parästhesien), Taubheitsgefühle und Schmerzen auftreten. Häufig sind hierbei die Hände und Beine (Füsse und Unterschenkel) betroffen. Schmerzen können auch durch eine Trigeminusneuralgie, Krämpfe der Muskulatur sowie durch das Lhermitte-Symptom verursacht sein.

Durch eine spastische Tonuserhöhung kann die Bewegungsfähigkeit des Patienten zusätzlich eingeschränkt werden. Gehunsicherheit und Instabilität sind die Folgen.
Um die Standsicherheit eines Patienten zu erhöhen und die Fussinstabilität zu verringern kann eine Indikation für individuell angefertigte Schuhe sinnvoll sein. Durch unkontrollierte Muskelkontraktionen kann es auch zu Krallenstellungen der Zehen kommen, die nicht nur Druckstellen verursachen sondern auch die Passform eines Schuhes entscheidend verändern und das Tragen selbst konfektionierter Spezialschuhe zur Qual macht. Dieses Problem kann am Besten mit einem individuellen Leistenmodell und einer Einzelanfertigung gelöst werden. Mehr dazu...

Abb links: 3D-Scan eines Hohl-Knickfusses bei MS
Abb rechts: Mass-Schuhstiefel derselben Patientin

Bis bald
Patrick Winkler

Sonntag, 21. November 2010

Zehendruckstelle

So klein die Zehen sind - so gross können Sie Beschwerden verursachen. Eine Patientin, die ich heute vorstellen möchte, hatte einen Wirbeleinbruch und dadurch Paresen (teilweise Lähmungen) an bestimmten Muskeln des Unterschenkels. Der Fallfuss hatte sich almählich zwar wieder gebessert, zurückgeblieben sind neben einer Fussfehlstellung und Fussheberschwäche eine abgespreizte und sehr empfindliche Kleinzehe am linken Fuss.

Die sportliche Frau hat sich in kurzer Zeit wieder hochtrainiert, aber immer mit grossen Schmerzen an den Zehen. Auch als ihr ein Fachmann die Schuhe abgeändert hatte, haben sich die empfindlichen Druckstellen an der betreffenden Zehe nicht gebessert. "Er hat nur den Schuh kaputt gemacht, gebessert hat es nichts".

Abb. Korrekturversuch durch Ausschneiden des Schaftes am Sportschuh. Ist der Schuh selber nicht passformgerecht helfen auch solche Entlastungen nichts.

Die effizienteste Lösung in einem solchen Fall ist ein Schuh nach Leistenmodell. Denn nur das Leistenmodell hat genügend Einfluss auf den Proportionenunterschied zwischen Mittelfuss und Zehenbereich.

Das Ergebnis war ein Schuh nach Mass. Die Passform stimmt, die Beschwerden verschwanden nach kurzer Zeit.


Abb. Individuelle Mass-Schuhe

Bericht der Kundin: "Juhuii….endlich nach 2½ jahren, bin ich wohl am richtigen ort gelandet….
Der braune Schuh ist ein volltreffer, zu 99,9% perfekt, sogar das Umfeld hat bemerkt dass ich runder laufe, habe ihn sogar zum arbeiten an…… kann mit den dingern schneller laufen, und auf dem Liestaler turm war ich 8 min schneller als sonst – musste nicht dauern auf den boden gucken."

Dazu braucht es keinen Kommentar mehr.

Bis bald
Patrick Winkler

Montag, 15. November 2010

Ist Geiz geil?

In der Ausgabe des Schweizerischen Beobachters Nr. 21/2010 erschien ein Artikel, worin mein Konzept der Herstellung von Mass-Schuhen erwähnt wurde.

Ein Kommentator/in zitierte mit Post vom 24.10.2010 20:50 Uhr unter anderem diese Meinung zu dem Artikel: "Geiz ist geil" und "Made in Switzerland" passen nicht zusammen. Er/sie kritisiert damit die ausländischen Teilherstellungen bei orthopädischen Mass-Schuhen, die seiner Ansicht nach günstiger seien als die heimische Produktion. Das sei, soweit ich ihn/sie verstehe, schädlich für das schweizerische Handwerk. Ein etwas moralisierender Unterton ist nicht zu überhören.

"Schweizer Qualität“ wird als Synonym zu "hohe Qualität" wahrgenommen, was der Begriff schweizer Qualität auch immer bedeuten mag. Nicht zu verkennen ist, dass Schweizer Produkte und Dienstleistungen beliebt sind. Einige Branchen profitieren von dem «Image-spill-over» auf die eigenen Leistungen und begründen damit einen hohen Preis. Hoher Preis = hohe Qualität lautet die daraus folgende Kette einer Norm, die bei vielen Schweizern tief verankert ist und indenitätsstiftend wirkt.

Ich bezweifle nicht, dass viele schweizerische Hersteller hohe Qualität liefern und sich Mühe geben, Qualitätsnormen hochzuhalten. Der gute Ruf schweizerischer Exporterzeugnisse steht dafür. In hartem Kampf um Preis, Qualität und Innovation wurde die schweizerische Industrie im Welthandel wie im Binnenmarkt gestählt. Die Marke Schweiz konnte sich als Premium Brand etablieren und viele Firmen nutzen Swissnes als Qualitätszeichen.

Der gute Ruf der Marke Schweiz darf uns jedoch nicht vor selbstkritischer Reflexion abhalten. Das schweizerische System hat nicht immer recht gehabt. Ein gutes Beispiel war die teure und aufwändige Eigenproduktion eines Panzers der Schweizer Armee, der sich hinterher als Flop erwiesen hatte (Panzer 68). Solche Beispiele wiederholten sich in der jüngeren Wirtschaftsgeschichte mehrmals. Hohe Qualität hat ein Produkt, weil es Qualitätskriterien erfüllt, nicht weil es schweizerisch ist. Man muss dem Denkmuster des protektionistischen Handelns auch entgegenhalten, dass Ineffizienz weder sozial noch patriotisch ist.

Das Problem ist letztendlich folgendes: Wir haben gar nicht genügend eigene Fachkräfte im Land, um unsere Aufgaben zu erfüllen. Wir rekrutieren schon seit Jahren ausländische Fachleute, weil wir nicht genügend oder nicht passende Mitarbeiter in der Schweiz finden. Unsere Leistungen sind schon daher nicht mehr rein "schweizerisch". Der Kampf der schweizerischen Branche gegen die Herstellungskooperation bei orthopädischen Mass-Schuhen ist schon deswegen nicht opportun. Und auch bei Teilherstellung ist der Schuh immer noch Made in Switzeland!

Bis bald
Patrick Winkler

Dienstag, 9. November 2010

Hochpreispolitik

Die Preise in der Schweiz sind im Verhältnis zur Europäischen Union um rund ein Drittel höher. Die Ursachen dafür wurden in einer Studie im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft (seco) im Jahr 2003 untersucht. In einem Vergleich der relativen Preisindizies Schweiz und EU-9 ergaben sich die grössten Preisdifferenzen bei Nahrungsmitteln, Mieten, medizinischen Produkten und Leistungen, Gastgewerbe, Haushaltsgeräten sowie Freizeit.

Als Ursachen für diese Unterschiede wird die Wettbewerbsintensität als wichtiger Erklärungsfaktor angeführt. 44% der Preisdifferenzen lassen sich über die geringere Wettbewerbsintensität im Vergleich zu den in der Studie gewählten EU-Ländern erklären. Wettbewerbshemmend wirken jede Art von Marktmacht (z.B. vertikale Vereinbarungen) und wettbewerbspolitische Regulierungen. Mitbestimmend sind hierbei auch die sozialpolitischen Wettbewerbseinschränkungen. Erstaunlich ist, dass die Lohnunterschiede nur gerade 11% und Standortfaktoren 17% der Preisdifferenz erklären können. Standortfaktoren umfassen insbesondere die topografischen Eigenschaften eines Landes oder die Kleinräumigkeit eines Marktes. Faktoren also, die in Ländern wie Norwegen, Schweden oder Dänemark auch vorkommen.

Die Analysen zeigten, dass sich in allen untersuchten Bereichen ein wesentlicher Teil der Preisdifferenzen mit der beschränkten Wettbewerbsintensität erklären lässt und dass dieser Anteil aus gesamtwirtschaftlicher Sicht relevant ist. Zwei Zielsetzungen haben die Autoren in den Vordergrund gestellt:

  • eine stärkere Zusammenführung des schweizerischen mit dem europäischen Mark sowie
  • eine Intensivierung des Wettbewerbs zwischen den Akteuren a.uf den einzelenen Märkten in der Schweiz

Bis bald
Patrick Winkler



Vimentis

Sonntag, 10. Oktober 2010

Ursache des Hallux valgus

Der Hallux valgus ist der medizinische Fachausdruck für den Schiefstand der Grosszehe, wobei valgus die Richtung bezeichnet. Als Hauptursache wird in den medizinischen Publikationen meistens der Spreizfuss genannt. Fast ausschliesslich werden dafür falsches, also zu enges, kurzes und/oder spitzes Schuhwerk mit zu hohen Absätzen verantwortlich gemacht. Diese Meinung widerpiegelt auch die Volksmeinung über die Entstehung des Hallux valgus.

Das muss aber nicht der einzige Grund sein. Andere Faktoren wie Beindegewebseigenschaft, Art und Intensität der Belastung und Belastungsdauer und genetische Faktoren spielen auch eine Rolle.

In der Sendung Puls des Schweizer Fernsehens DRS erklärt Dr.med. Espinosa von der Fusschirurgie der Balgristklinik in Zürich, dass ungünstige Schuhe ein Faktor zur Bildung des pathologischen Hallux valgus darstellen, dass aber ebenfalls eine erbliche Komponente als massgebliche Ursache ausgemacht werden kann. Hallux valgus kann auch Generationenübergreifend vorkommen was sich in etwa 90% der Fälle feststellen lässt.

Diese Meinung können wir aus unserer Praxis bestätigen. Es kommt manchmal vor, dass Patienten mit schmerzhaften Halluces valgi glaubhaft hinweisen, dass sie immer Schuhe mit flachem Absatz und breitem Vorderblatt getragen hätten. Auch sind das meistens Patienten mit einem normalen Körpergewicht und die ihre Füsse nicht unnatürlich belasten wie zum Beispiel Ballettänzerinnen. Eine Garantie zur Vermeidung von Hallux valgus Problemen gibt es also nicht.

Mehr dazu auch unter den Themen.

Bis bald
Patrick Winkler

Montag, 4. Oktober 2010

Messbare Qualität?

Ist der Nutzen eines orthopädischen Schuhes messbar?

Gewisse Faktoren einer Schuhversorgung wie Druckwerte, Winkelstellungen oder Position einer Abrollfunktion lassen sich messen und in Zahlen ausdrücken. Die Herstellungsqualität lässt sich über gewisse Normen prüfen, wie der Qualitätsnorm für Hilfsmittel ISO 13485 oder Masseinheiten ISO 9407. Das sind sinnvolle Instrumente der Qualitätssicherung. Die Erfolgsqualität einer Versorgung eines Patienten mit orthopädischen Mass-Schuhen kann dabei aber nicht abgeleitet werden. Mathias Binswanger, Professor für Volkswirtschaft an der Fachhochschule Nordwestschweiz, rät uns in seinem neuen Buch "Sinnloser Wettbewerbe - Warum wir immer mehr Unsinn produzieren" damit aufzuhören, alles für messbar zu halten. Zitat: "Nach wie vor ist der Glaube an die Möglichkeit einer quantitativen Erfassung von qualitativen Leistungen weit verbreitet, obwohl sich ständig von neuem zeigt, dass dies nicht geht.“ Und weiter: „Man kann durchaus die Zahl der Dreifachsprünge bei einer Eiskunstlaufkür messen, aber diese Zahl ist nicht identisch mit ihrer Qualität“.

Nirgends kommt diese Wahrheit besser zum Vorschein als bei der Anpassung eines orthopädischen Mass-Schuhes. Wohl lassen sich bestimmte Funktionen messen und die Verfahren kontrollieren. Ob jedoch das Hilfsmittel letztendlich erfolgreich ist und vom Patienten getragen wird ist eine andere Frage. Was ist zum Beispiel, wenn die Schuhe einer Patientin nicht gefallen und sie lieber Beschwerden und Spätfolgen in Kauf nimmt? Gerade der ästhetische Anspruch an ein sichtbares und der Mode unterworfenes orthopädisches Hilfsmittel wie Schuhe, schlägt nicht selten auf Erfolg oder Misserfolg durch. Manchmal sind die kosmetischen Kompromisse sowie das Feeling des erfahrenen Handwerkers für ein mutiges Design mehr erfolgsentscheidend als ein stures Orientieren an der Funktion.

Abb. orthop. Mass-Schuhe und Unterschenkelorthesen einer MS-Patientin


Das soll keine Abkehr von Qualitätsnormen bedeuten. Diese brauchen wir, genauso wie wir Verfahrensnormen brauchen. Etwas Wettbewerb würde dem abgeschotteten Markt ebenfalls gut tun. Nur dürfen wir die Normen der Qualitätssicherung nicht mit der Qualität des Erfolges vergleichen.

Bis bald
Patrick Winkler

Mathias Binswanger: "Sinnlose Wettbewerbe - Warum wir immer mehr Unsinn produzieren"

Samstag, 25. September 2010

Fokussierung

Wikipedia beschreibt das Verb fokussieren mit „scharf stellen, bündeln“; aus dem lat. focus, „Opferstelle“, abgeleitet als „Zentrum des Interesses“.
Durch das fokussieren stellt man eine Tätigkeit in das Zentrum des Interesses, man konzentriert sich auf einen wesentlichen Teil. So machen wir das mit der Mass-Schuh Herstellung. Aus der Überzeugung, dass das Design eines Leistens* der entscheidende Punkt für ein gutes Resultat bei einer komplex orthopädischen Mass-Schuhversorgung ist, konzentrieren wir unsere Tätigkeit, Weiterbildung und Entwicklung gezielt in dieser Richtung. Mancher mag einwenden, dass es eintönig wird, sich nur auf ein Teilgebiet zu konzentrieren. Ich muss zugestehen, dass die übrigen Tätigkeiten der Handwerkskunst um den Mass-Schuh schöne und erfüllende Aufgaben sind: Das ausdetaillieren des Schaftmusters, das steppen der Schaftteile, das Aufzwicken des Schaftes auf die ausgeglaste Brandsohle und die ganze Bodenmontage und Finish. Ja, es waren schöne Zeiten, als wir das noch selber gemacht haben. Ich gehöre noch zu jener Generation, die das Rahmennähen von Hand gelernt haben, noch mit Pechdraht und Schweineborste!

Die Fokussierung auf den Patientenservice und das Design des Leistens wird aber von der medizinischen Anforderung an das Hilfsmittel Mass-Schuh bestimmt. Darin unterscheiden wir uns vom Mass-Schuhmacher, der einen anderen Schwerpunkt verfolgt. Durch die unendliche Tiefe und Vielfältigkeit der Problemstellungen bei Fussleiden kann es einem nie langweilig werden. Es gibt immer wieder neue Aspekte, die in unseren Wissensschatz einfliessen und unsere Resultate durch häufiges Anwenden verbessern. Das Positive ist, dass wir dadurch in der Lage sind, in kürzerer Zeit viel mehr Fälle zu bearbeiten wie das mögliche wäre, wenn wir jeden Herstellungsschritt selber bearbeiten würden. Dabei helfen uns auch Techniken wie 3D-Scan und CAD-CAM.

Die Fokussierung hilft uns, diese Aufgabe in ihrer Tiefe zu erfassen und die besten Lösungen für unsere Kunden zu erarbeiten.

Bis bald
Patrick Winkler

* Leisten: Siehe Post vom 21.04.2010 „Ästhetik“

Samstag, 18. September 2010

Ist CAD-CAM Technik unnütz?

Moderne Technologien wie CAD-CAM und 3D-Scan sind Werkzeuge, die wir bei der Herstellung von orthopädischen Schuhen einsetzen. Wir haben bereits mehrere hundert Paar Herstellungen mit dieser Technologie durchgeführt, zum Teil schwierige und sehr schwierige Fälle, und dabei gute Ergebnisse erzielt.

Das Bundesamt für Sozialversicherung BSV sagt, das klappe bei orthopädischen Schuhen nur in einfachen Fällen. Das ist so zu verstehen, dass angeblich anspruchsvolle orthopädische Versorgungen damit nicht erfolgreich durchgeführt werden könnten. Ich muss daraus folgern, dass man die Technik im Bereich Leistendesign bei orthopädischen Mass-Schuhen als unnütz betrachtet.

Diese Meinung liegt nun in augenfälligem Widerspruch zu Aussagen ausgewiesener Fachleute. Im Fachmagazin OT 9/2009 schätzt Prof. R. Massen aus Stuttgart, dass die digitale Technologie im Bereich der Orthopädieschuhtechnik in einigen Jahren zu einer Selbstverständlichkeit werden wird. In einem Interview mit dem Verbandsorgan Fuss + Schuh 3/2009 bestätigt auch Prof. R. Brunner aus Basel, dass es seiner Ansicht möglich sei, bei orthopädietechnische Versorgungen digitale Technik einzusetzen. Das Fachmagazin Orthopädie-Schuhtechnik 7-8/2010 widmete das Leitthema den neuen Technologien und berichtet über verschiedene Lösungswege der digitalen Leistenherstellung.

Was sagt der gesunde Menschenverstand? Sehen wir uns einmal um, wo 3D-Scan und CAD-CAM Techniken in der Orthopädietechnik schon heute eingesetzt wird: Sitzschalen, Rumpforthesen, Kompressionsversorgungen, Prothesenschäfte, Einlagen und einiges mehr. Warum sollte es ausgerechnet bei orthopädischen Schuhen nicht klappen?

Der Einsatz von 3D-Scanner und CAD-CAM Technik ist nützlich bei der Herstellung orthopädischer Schuhe mit hohem Komplexitätsgrad, was nicht heisst, dass die analoge Arbeitsweise deswegen schlechte Resultate ergeben muss. Letztendlich muss auch bei digitalem Leistendesign am Ende ein Finish von Hand gemacht werden. Und überhaupt ist das Ergebnis entscheidend, nicht der Weg!

Bis bald
Patrick Winkler

Samstag, 4. September 2010

Mass-Schuhe überhaupt noch nötig? Teil 2

In meinem Blog vom 26. Juni 2010 habe ich die Frage aufgeworfen, ob das Hilfsmittel Orthopädischer Mass-Schuh überhaupt noch nötig sei und ob dieses nicht durch Einlagen und/oder Schuhzurichtungen ersetzt werden könnte. Die Frage ist indirekt abgeleitet aus einer Fuss-Ratgeber Broschüre der oberösterreichischen Gebietskrankenkasse.

Orthopädische Mass-Schuhe werden dann eingesetzt, wenn man mit einfacheren Mitteln wie Einlagen oder Spezialschuhen nicht ausreichen Entlastung schaffen kann, oder wenn die Fussdeformation eine Normabweichung schafft, die das tragen konfektionierter semiorthopädischer Schuhe unmöglich macht. Massanfertigungen sind also eine Weiterführung einfacher Versorgungslösungen bei Fussleiden.

Eine weitere Frage ist, ob ein Mass-Schuhträger, wenn er sich an das Hilfsmittel einmal gewöhnt hat, nur noch diese tragen kann und nichts mehr anderes. Das trifft bei vielen Patienten zu. Jedoch tragen einige unserer Kunden ergänzend zu den Mass-Schuhen zu Hause semiorthopädische Hausschuhe, die mit Einlagen ausgerüstet und allenfalls zugerichtet sind. Das ist gewiss kein Widerspruch, da die Funktion offener Hausschuhe anderen Gesetzmässigkeiten folgt als geschlossene Schuhe für die Strasse oder das Gelände. Diese Kombination Haussschuh-Strassenschuh ist sinnvoll, kostensparend und wird genutzt.

Das Hilfsmittel orthopädischer Mass-Schuh ist nötig, so wie die Matratze auf einem Bettgestell nötig ist. Man könnte zur Not vielleicht ohne Matratze auf dem Bettrost schlafen, ein sinnvoller Verzicht ist es aber nicht. Und gesund ist es auch nicht.

Bis bald
Patrick Winkler

Donnerstag, 12. August 2010

Biomechanik

Die Biomechanik befasst sich mit Funktionen und Strukturen des Bewegungsapparates und mit Bewegungen von biologischen Systemen. Besonders die Gehfunktionen folgen einem sehr komplexen Ablauf von Gelenkfunktionen und Muskelkräften.

Für einen Orthopädieschuhtechniker ist es wichtig, diese Gesetzmässigkeiten zu erfassen. Um einen orthopädischen Mass-Schuh erfolgreichen herzustellen zu können, muss es gelingen, das biomechanische System des Körpers und seiner Pathophysiologie in das Leistendesign und die Einstellungsdaten zu übertragen.

Manche Leute glauben, mit moderner elektronischer Technik sei das nicht mehr nötig. Das ist leider nicht so, 3D-Scanner und CAD-CAM gestützte Geräte sind Werkzeuge wie Hammer und Falzzange in der Hand des Handwerkers und Patientenversorgers. Vorstellungen von einer Maschine, in die man den Fuss hineinhalten kann während auf der anderen Seite ein fertiges Hilfsmittel herausfällt, muss man in das Land der Träume verweisen.

Das wichtigste, um gute Resultate mit orthopädischen Mass-Schuhen zu erreichen, ist ein gewisses Feeling für Mass-Schuhe, Vorstellungskraft und Häufigkeit der Bearbeitung bestimmter Problemstellungen. Wer zuwenig Versorgungen durchführt, wird Mühe bekommen, ein gutes Leistendesign und funktionerende Lösungen zu erreichen.

Deswegen plädiere ich für eine Spezialisierung im Gebiet der Mass-Schuhversorgungen, für eine fokussierung auf eine bestimmte Problemstellung und Lösungsweg.

Bis bald
Patrick Winkler

Sonntag, 25. Juli 2010

Limmer & Sons, Custom Shoemakers

Während einem Trip durch Neu England bin ich im Vorgebirge der Appalachen, nahe dem Städtchen North Conway in New Hamshire, auf das bemerkenswerte Geschäft von Limmer & Sons gestossen, das von Peter S. Limmer Jr. geführt wird. Sein Grossvater, Schuhmachermeister Peter Limmer aus dem bayrischen Peterskirchen, wanderte 1925 in die USA aus und eröffnete zuerst ein Geschäft in Boston, später zog er in die Berge von New Hampshire.

Über eine Veranda eines typischen Neu Englandhauses aus Holzgiebeln kommt man in eine geräumige Werkstatt. Rechter Hand sind mehrere Wandregale, vollgestellt mit fertigen Kundenaufträgen, geradeaus kommt eine einfache Theke mit Schuhexponaten entgegen. Wie ich mich als Orthopädieschuhmacher vorgestelle ist schnell das Vertrauen gefasst. Die Spezialität von Peter S. Limmer sind Wanderschuhe nach Mass sowie Skischuhe aus Leder. Die besondere Eingenschaft der Limmer Boots ist, wie der Inhaber mir dann erklärt, die extreme Dauerhaftigkeit und Zuverläsigkeit der Produkte. Er nimmt einen eingeleisteten, zwiegenähten Bergschuh in die Hand, der dem ehemaligen schweizerischen Gebirgs-Ordonannzmodell gleicht, und sagt mit berechtigten Stolz: "These boots are 45 years old". 45 Jahre alte Schuhe, die zur Reparatur gebracht werden! Das sind Schuhe, die am Fuss des Trägers angewachsen sind, die durch tausende Kilometer Wanderung die perfekte Fussform erhalten haben.

Limmer verkauft seine individuellen Schuhe für knapp 700 USD, ein Preis-Leistungsverhältnis, das man als günstig bezeichnen darf. Die Leisten werden nach Fussmassen und Trittspur angepasst jedoch selten aufbewahrt. Das macht Sinn, denn die Schuhe halten ein Leben lang.

Limmer & Sons ist erreichbar über den Highway 302 von North Conway, 9 Limmer Lane, Inervale NH. Von Boston aus ca. 3 Stunden mit dem Auto. http://limmercustomboot.com/

Bis bald
Patrick Winkler


Dienstag, 13. Juli 2010

Swiss made

Mass-Anfertigungen der Firma Winkler ORTHO SCHUH TECHNIK gelten gemäss der Revision „Swissness“ des Markenschutzgesetztes als Made in Switzerland. Folgende Bedingungen sind erfüllt:

  • Der Anteil der Herstellungs- und Dienstleistungskosten, die in der Schweiz anfallen, beträgt weit über der von der Revision geforderten 60%

  • Die mit Abstand wichtigste Leistung des Patientenservices, Beratung und Betreuung des Patienten findet in der Schweiz und vor Ort statt

  • Der Produktionsprozess steht unter Aufsicht eines eidgenössisch diplomierten Orthopädie-Schuhmachermeisters (OSM)

  • Wir stecken viel Energie in Produktentwicklungen, die von uns mitgetragen und zum Teil initiiert werden

  • Das Qualitätsmanagement wird von schweizerischen Auditoren geleitet

  • Lieferung und Unterhalt unterliegen dem Qualitätssicherungsver-trag des schweizerischen Bundesamtes für Sozialversicherung und der Aufsicht der weltweit grössten Inspektions- und Zertifizierungsgesellschaft SGS mit Hauptsitz in Genf (ISO Norm 13485)

Dienstleistungen von Winkler, schweizer Qualität!

Bis bald
Patrick Winkler

Freitag, 9. Juli 2010

Leistungen der AHV und IV

Es gibt eine grosse Zahl von medizinischen und orthopädischen Hilfsmitteln, die zur Leistungspflicht einer Versicherung gehören und in unterschiedlichen gesetzlichen Mittellisten aufgeführt sind. Orthopädische Einlagen zum Beispiel, welche in verschiedenen Schuhen getragen und gewechselt werden können, sind von der IV oder AHV nicht versichert, ebenso gibt es auch keine Leistungspflicht der obligatorischen Krankenpflegeversicherung .
Orthopädische Mass-Schuhe gehören in der Schweiz zu den Leistungen der Sozialversicherungen AHV und IV sowie der Unfallversicherung. Dort sind sie in den Hilfsmittellisten aufgeführt.

Bei orthopädischen Mass-Schuhen haben Versicherte Personen der AHV mit einer Leistungsberechtigung das Anrecht auf ein Paar Anfertigungen alle zwei Jahre und bezahlen einen Eigenanteil von 25% der Kosten. Anders sieht es bei IV-Versicherten aus: Diese erhalten zwei Paare pro Kalenderjahr und bezahlen einen festen Selbstbehaltanteil von 120.- Franken pro paar Schuhe. Wenn sie das Rentenalten erreichen erhalten diese einen sogenannten Besitzstand auf die Leistungen, d.h. sie behalten auch im Rentenalter dieselbe Ansprüche wie vorher. Eine Übersicht über diese komplizierten Bestimmungen können sie im Kreisschreiben der IV finden.

Die Ungleichbehandlung ist immer wieder Gegenstand von Diskussionen, so zum Beispiel in einer Motion von Nationalrätin Brigitte Häberli vom 3.10.2008. Das EDI will die Ungleichbehandlung jedoch nicht beseitigen da man ein Kostenwachstum bei der AHV befürchtet. Im gleichen Zug wird aber von grosszügigen Leistungen der IV gesprochen, die den Zweck der beruflichen Eingliederung haben. Die Unterschiede sind im Bereich orthopädischer Massanfertigungen meiner Meinung nach zu gross. Hier eine Kostenbeteiligung des Versicherten von 800-1'500 Franken bei Rentnern, dort eine solche von 120.- Franken bei Besitzständern, hier ein Anspruch von einem Paar Schuhe alle zwei (!) Jahre, dort ein Anspruch von 4 Paaren im gleichen Zeitraum.

Bitte etwas mehr Verhältnismässigkeit.

Bis bald
Patrick Winkler

Donnerstag, 1. Juli 2010

Vaterlandsverrat

Die Ikone der schweizerischen Uhrenindustrie, erfolgreicher Unternehmer und Träger mehrerer Ehrendoktorwürden, Nicolas Hayek, ist am 28. Juni 2010 83jährig gestorben.

Hayek war aber nicht nur Unternehmer, er wurde auch oft als Berater von Unternehmen und Behörden beigezogen. Ein Beispiel dieser Expertentätigkeit war, als das Militärdepartement 1984 die Beschaffung von Leopard Panzern erwog. Die Schweizer Rüstungsindustrie und ihre Vertreter in der Politik propagierten den Eigenbau. Als hinzugezogener Experte stellte Hayek fest, dass der Lizenzbau in der Schweiz 300–400 Prozent teurer gekommen wäre als der Kauf beim deutschen Hersteller. Zuerst wollte es niemand glauben und man verleumdete ihn als Vaterlandsverräter, schliesslich bekam Hayek aber Recht und er wurde von der Presse nachträglich zum Unternehmer des Jahres erklärt.

Was können wir daraus lernen? Man muss sich genau überlegen, was man selber produzieren will und was nicht. Im Bereich Herstellung und Anpassung orthopädischer Mass-Schuhe gibt es einen Patientenservice, den man vor Ort und nur mit hochqualifizierten und erfahrenen Fachleuten machen muss. Und es gibt Prozesse der anonymen Herstellung, die man irgendwo durchführen kann sofern man eine Prozesslenkung besitzt. Das ist kein Vaterlandsverrat sondern ökonomische Vernunft. Das ist kein Job-Killing sondern Verantwortung gegenüber der Zukunft. Was würde Nicolas Hayek dazu sagen? Bis bald
Patrick Winkler

Samstag, 26. Juni 2010

Orthopädische Mass-Schuhe: Überhaupt noch nötig?

In einer Fuss-Ratgeberbroschüre der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse lese ich unter dem Titel „Teuer ist nicht immer Besser“ folgendes (Ausschnitt): "Orthopädische Mass-Schuhe kosten rund 1'800.- Euro (ca. 2'600 Franken) – mehr als zwanzig Mal soviel wie Einlagen … Zudem müssen orthopädische Mass-Schuhe immer getragen werden. Das heisst, ein Wechseln des Schuhwerks ist nur schwer möglich. Das kann zu einer Einschränkung führen und die teuren Mass-Schuhe werden in den Schrank verbannt.“

In diesem provokativen Beitrag tauchen drei Fragen auf, auf die ich eingehen will:

  1. Muss jemand, der orthopädischen Mass-Schuhe trägt, diese immer und ausschliesslich tragen?
  2. Kann man das Hilfsmittel Mass-Schuh ersetzen durch Einlagen oder/und Schuhzurichtungen?
  3. Sind 2'600 Franken Durchschnittskosten, was in Österreich bezahlt wird, viel für ein Paar Mass-Schuhe?

Lesen Sie dazu in meinen nächsten Blogs. Einfach dran bleiben!

Bis bald
Patrick Winkler

Freitag, 18. Juni 2010

Spreizfuss

Der Spreizfuss ist eine erworbene Vorfussüberlastung. Niemand wird mit einem Spreizfuss geboren. Es kann eine familiäre Neigung zum Spreizfuss geben, ungeeignetes Schuhwerk oder grosse Belastung der Füsse. Oder eine Kombination von allem. Auch rheumatische Erkrankungen oder Lähmungen können zu den Ursachen gezählt werden.

Das Problem des Spreizfusses sind seine Verwandten: Die Druckstellen an der Balle, Hallux valgus und Zehenfehlstellungen. Meistens sind Spreizfüsse mit Schmerzen verbunden und müssen behandelt werden.

Diese Kundin mit starkem Spreizfuss und Beschwerden hat sich Mass-Schuhe machen lassen, weil alle konfektionierten Spezial- und Komfortschuhe schlecht gepasst und Druckstellen verursacht haben. Die Einlagen und Schmetterlingsrollen an den Schuhen konnten das Problem nicht lösen. Die Einlage hat den Schuh im Zehenraum zu eng gemacht, die Schmetterlingsrolle die Sohle zu steif. Und immer wieder war das rutschen an der Ferse. Vorne war der Schuh zu eng, hinten zu locker.

Wir haben uns entschieden Leistenmodelle nach CAD-CAM und Mass-Schuhe herzustellen. Das war vor eineinhalb Jahren. Heute hat sie sich das zweite Paar bestellt. „Ich konnte noch nie so gut gehen in Schuhen, wie in diesen“ bestätigt mir die Kundin. „Vorher konnte ich nach einer halben Stunde kaum noch Gehen, heute Gehe ich fast unbeschränkt“. Die Vorteile der Mass-Anfertigung sind, dass der Platzbedarf im Schuh genau gestaltet werden kann, die Polsterungen und Entlastungen genau dort sind, wo sie sein müssen und der Kunde Farbe, Modell und Werkstoffe selber auswählen kann.

Eigentlich ist dieser Fall eine medizinische Indikation. Die Kundin hat aber ihre Schuhe selber bezahlt, sie wollte keine Versicherungsleistungen in Anspruch nehmen. Der Preis der Schuhe betrug CHF 1'400.-*, die Leisten als einmalige Herstellung CHF 800.- *. Er ist als mittlerer Schwierigkeitsgrad gemäss Tarifdefinition zu klassieren.

Genügen Platz an den Zehen und kein Rutschen mehr an der Ferse! Für denjenigen, der keine Beschwerden hat vielleicht nichts besonderes, für den Leidenden jedoch ein neues Lebensgefühl.
Bis bald
Patrick Winkler

* inkl. MWSt., Preisangabe beziehen sich auf den geschilderten Fall.

Montag, 14. Juni 2010

Lebensgefühl

Herr Werner Lütholf (Name geändert) konnte kaum noch Schuhe tragen. Wegen einer Konchenkrankheit und starken, manchmal schwankenden Schwellungen konnte er seine alten Strassenschuhe nicht mehr verschliessen und musste sie offen tragen. Wegen der Rückfussinstabilität keine ungefährliche Sache. Zudem hat er wegen der Grunderkrankung oft Schmerzen in allen Gelenken und eine starke Fussdeformation.

Herr Lütholf kann, seit er die Mass-Schuhe hat, wieder besser gehen. Er kann seinen Schrebergarten weiter unterhalten und sich im Alltag behaupten. „Ohne diese Schuhe wäre das kaum mehr möglich“, bestätigte er mir.

„Ich habe gestaunt, wie meine deformierten Füsse in diese äusserlich normal aussehenden Schuhe passen konnten“ sagte er bei der Bestellung des zweiten Paares. „Es hat eine Angewöhnung von 3 bis 4 Wochen gebraucht, danach habe ich nichts mehr gemerkt.“

Dieses Beispiel soll zeigen, dass orthopädische Mass-Schuhe helfen können und dass das Aussehen nicht auffallend sein muss. Herr Lütholf erhält eine Leistung der AHV an orthopädische Mass-Schuhe und nun das zweite Paar zum Verfügten Preis von einem Paar. Das ist eine besondere Leistung von Winkler ORTHO SCHUH TECHNIK.

Bis bald
Patrick Winkler

Freitag, 11. Juni 2010

Fersenschmerz

Haben Sie am Morgen beim Aufstehen einen stechenden Schmerz, der, wenn Sie dann etwas warmgelaufen sind, wieder abnimmt? Wird der Schmerz im Verlauf des Tages mit zunehmender Belastungsdauer wieder stärker? Dann könnte es sein, dass Sie einen Fersensporn haben. Die medizinische Bezeichnung heisst Plantarfasciitis. Wie die Endung –itis schon sagt, handelt es sich um eine lokale Entzündung. Nicht der knöcherne Sporn am Fersenbein, der mit Hilfe eines Röntgenbildes manchmal sichtbar ist (manchmal auch nicht), ist das eigentliche Übel sondern die entzündeten und gereizten Weichteile.

Die Entzündung um den Fersensporn tritt üblicherweise in der Plantaraponeurose des Fusses auf, einem derben und festen Längsband, das die Fusslängsgewölbe als Fortsetzung der Achillessehne verspannt. Einige Studien zu diesem Thema haben herausgefunden, dass die Ursachen in der Muskelverkürzung der Unterschenkel- sowie der ischiocruralen Beuger zu suchen ist, die bei erhöhter Belastung zu einer Überforderung der Plantaraponeurose führt.

In der Medizin werden je nach Schmerzintensität und Physiologie zahlreiche Behandlungsmethoden angewendet. Neben einem regelmässigen Stretching der Beugemuskeln haben wir gute Erfahrungswerte mit gezielter lokaler Druckentlastung durch Einlagen gemacht. Im Jahr 2004 habe ich die Wirksamkeit von solchen Einlagen untersucht und in der Orthopädie-Technik publiziert. Wichtig scheint mir, die Fersenschmerzen ernst zu nehmen und nicht chronisch werden zu lassen. Die Gefahr besteht, dass sich ein Schonhaltungsmuster im Gangbild festsetzt, das später zu Gelenkschädigung führen kann.

Auf jeden Fall hoffe ich für Sie, dass Sie davon verschont bleiben.

Bis bald
Patrick Winkler

Samstag, 5. Juni 2010

Preis-Leistung

Qualität hat seinen Preis, sagt man. Ein dem englischen Sozialphilosophen John Ruskin zugeschriebener Satz aus der Zeit des Frühkapitalismus sagt, dass es unklug sei, zuviel zu bezahlen, aber noch schlechter, zu wenig zu bezahlen.

Wie ist das aber in einem abgeschotteten Markt? Wie ist das, wenn nicht Angebot und Nachfrage Preis und Qualität bestimmen sondern ein Vertrag, Verordnungen und Reglemente? Wie kann man eine tarifliche Leistung beurteilen, die vor 20 Jahren eingeführt wurde und heute unverändert da steht, wie wenn sich die Bedürfnisse der Konsumenten und die Technik nicht verändert hätten?

Wie steht es mit der Qualität in einem administrierten, sozialversicherten Markt? Welche unabhängige und fachkundige Instanz kann sie beurteilen? Und ist die Qualität in einem regulierten Markt ex cathedra besser als in einem offenen, freien Markt?

Im Jahr 2008 hatte man mir vorgeworfen, mein Vorschlag neuer Tarifpositionen für orthopädische Schuhe sei teurer als jener des gegenwärtigen Tarifes (Innovation? Fachmagazin Fuss + Schuh 2008/4). Dem ist nicht so! Der Beweis ist, dass wir Mehrleistung auf Verfügungen der Sozialversicherung und sehr hohen Preise für Mass-Schuhe erbringen und dadurch günstiger in den Stückpreisen sind.(AGB). Auch die Qualität der Leistungen konnten wir durch die Fokussierung auf den Patientenservice, die zunehmende Häufigkeit im Leistendesign und Anproben komplexer orthopädischer Fälle und den Umgang mit Herstellungsprozeduren steigern. Die stetige Zunahme der Fallzahlen gibt uns recht.

Bis bald.
Patrick Winkler

Mittwoch, 2. Juni 2010

Pes planovalgus Nr.2

Wenn ein Fuss "neben dem Schuh" steht kann es sein, dass es sich um einen pathologischen Pes planovalgus handelt. Auf deutsch Knick-Plattfuss. Man erkennt diese Fehlstellung am besten von hinten (siehe Bild unten links). Die Ursachen können zerebrale Bewegungssörungen, Lähmungen wie Polyomyelitis, Abriss der Tibialis posterior Sehne oder/und eine Verschiebung des Sprungbeines sein. In dem Fall wie auf dem Bild arbeitet der Tibialis posterior Muskel nicht mehr und der Fuss knickt zur Innenseite ab.Da die Fehlstellung in diesem abgebildeten Fall nur beschränkt beweglich ist helfen physiotherapeutische Massnahmen wenig, ebenso ist eine Einlage nicht indiziert weil der Fuss in diesem konkreten Fall nicht korrigierbar ist. Die technische Lösung ist entweder ein orthopädischer Serienschuh oder ein Mass-Schuh. Da beide Lösungen etwa die gleichen Kosten verursachen, ist der Mass-Schuh die bessere Wahl da der Individualisierungsgrad höher ist.

Bis bald

Patrick Winkler

Mittwoch, 26. Mai 2010

Nachhaltigkeit

Heute will ich mich mit dem Aspekt der Nachhaltigkeit bei der Herstellung orthopädischer Schuhe auseinandersetzten. Auf unseren Betriebsalltag übertragen heisst Nachhaltigkeit, dass die unternehmerischen Bedürfnisse von Heute befriedigt werden ohne die Entwicklungsmöglichkeiten zukünftiger Nachfolger zu gefährden. Dieses Verhalten setzt voraus, dass ich in die Zukunft blicke, etwaige Entwicklungen abschätze und in die strategische Planung einbeziehe.

Was müsste ich zum Beispiel tun, wenn ich sehen würde, dass in einem Dienstleistungsbereich die Preisdiskrepanz zum Ausland mehr und mehr zunimmt und meine Fallzahlen gleichzeitig abnehmen? Wenn es auf der anderen Seite aber gleichzeitig immer schwieriger wird, genügend Fachkräfte im eigenen Land für diesen Bereich zu finden und ich Mitarbeiter im Ausland rekrutieren muss? In einem solchen Fall bleibt mir nur noch die Entscheidung, mich entweder aus diesem Tätigkeitsfeld zu verabschieden oder neue Wege zu beschreiten. Ein Verharren im herkömmlichen Stand der Technik und Verfahren wäre nicht nur unopportun sondern geradezu ökonomischer Raubbau an mir selber.

Deshalb engagieren wir uns in verschiedenen Bereichen, um die Nachhaltigkeit unseres Wirtschaftens im schwerorthopätischen Dienstleistungsbereich zu gewährleisten:
  • Engagement für die Entwicklung neuer Modelle der Herstellung und Anpassung orthopädischer Schuhe


  • Engagement zum Umweltschutz (weniger Kunstharzverbrauch durch CAM, bessere Material- und Energiebilanz durch zentrale Herstellung)


  • Engagement zur Effizienzsteigerung der eigenen Produktionsleistung (Herstellungskooperation)


  • Engagement in der betrieblichen Aus- und Weiterbildung, besonders im Bereich des Kundenservice und Leistendesign


  • Engagement für faire und transparente Preise bei schwerorthopädischen Leistungen (AGB)
Diesen Weg zu beschreiten ist zwar nicht der Einfachste, für die Perspektiven nachfolgender Handwerkergenerationen und für die Erhaltung eines spzialisierten Know-hows aber der Bessere.

Bis bald

Patrick Winkler

Dienstag, 25. Mai 2010

Pes planovalgus

Heute will ich etwas über den Knickplattfuss schreiben. Der lateinische Name steht in der Überschrift: Pes planovalgus. Plano steht für platt, valgus für das Einwärtskincken. Es gibt verschiedene Ursachen für diese Fehlform wie zum Beispiel Überlastung durch Übergewicht, Schwächung oder Abriss der Tibialis posterior Sehne, rheumatoide Arthritis oder spastische Lähmung (siehe Abb. unten).

Der Knickplattfuss entsteht durch die Abflachung des Längsbogens des Fuss-Skeletts und einer Pronation des Fersenbeines. Die Knöchelgabel dreht sich dadurch nach Innen und verschiebt die Richtung des Sprungbeines. Die Kraftübertragung der Fussbeuger auf den Fuss wird dadurch zunehmend ungünstig und die Gelenkbelastung einseitig. Kraftverlust, Rückfussinstabilität und Schmerzen sind oft die Folgen.

Als konservative Behandlungsmittel werden in einfacheren Fällen Physiotherapie und Einlagen zur passiven Stützung des Fussgewölbes angewandt, in schweren Fällen sind Orthesen oder orthopädische Mass-Schuhe indiziert, wie bei dem neurogenen Knickplattfuss auf dem Bild unten.














Abb: Neurogener Knickplattfuss

Bis bald
Patrick Winkler

Freitag, 21. Mai 2010

Erwartungen

Was würden Sie denken, wenn Ihr Arzt heute zu Ihnen sagen würde, dass Sie ab jetzt orthopädische Mass-Schuhe tragen müssten? Würden Ihnen die Haare zu Berge stehen? Würden Sie aus der Praxis flüchten?
Die Frage war natürlich ungenau gestellt weil Sie den Leidensdruck eines nicht operierbaren Fusshandicaps nicht eingeschlossen hat. Wahrscheinlich würden Sie unter diesen Vorbedingungen abwägen zwischen einer verbesserten und beschwerdenfreieren Mobilität und der ästhetischen Erscheinung. Das ist das Spannungsfeld, in dem wir als Anbieter von orthopädietechnischen Lösungen stehen: Wie viel ästhetische Kompromisse müssen wir machen und wie viele technische Kompromisse können wir machen damit die Schuhe erfolgreich sind, von unseren Kunden angenommen und auch getragen werden. Darüber gibt es bereits Studien (Williams, van Netten). Eine Studie, für den Laien vielleicht erstaunlich, kam zum Schluss, dass für den Versorgungserfolg mit therapeutischen Schuhen nicht die technische Funktionalität im Vordergrund steht sondern die Übereinstimmung der Erwartungen des Patienten mit dem Resultat.

Ein weiterer Punkt in dieser Problematik ist die Wahrnehmung: Welche Attribute fallen Ihnen als Erste zum Begriff „orthopädischer Mass-Schuh“ ein? Ein Redner am Orthopädie + Reha-Technik Kongress am 14.05.2010 in Leipzig hat es auf den Punkt gebracht: „ … viele Kunden denken zuerst an schwarze, schwere und klobige Schnürstiefel“. Natürlich ist das heute nicht mehr so schlimm, die Technik hat in diesem Feld grosse Fortschritte gemacht. In meinen Blogs „Ästhetik“ und „Kosmetik“ von April 2010 bin ich auf das Thema eingegangen.

Darum ist es wichtig, dass wir unsere Kunden in den Vorgang einer Schuhversorgung eng einbeziehen. Der Kunde sieht die Form des Leistenmodells, die die Form der Schuhe abbildet, er spricht mit bei der Gestaltung des Modells, der Farben und Werkstoffen. Wichtig ist, dass am Ende die Erwartung eines Kunden mit dem übereinstimmt, war er bekommt. Und er muss dennoch kein schlechtes Gewissen wegen den Kosten haben, diese Schuhe kosten kein Vermögen. Darum bemühen wir uns.

Bis bald.
Patrick Winkler

Dienstag, 18. Mai 2010

Hallux valgus

Der Hallux valgus ist der medizinische Fachausdruck für den Schiefstand der Grosszehe, wobei valgus die Richtung bezeichnet. Als Ursache wird in den medizinischen Publikationen meistens der Spreizfuss genannt. Eine Ursache dafür kann falsches, also zu enges, kurzes und/oder spitzes Schuhwerk mit zu hohen Absätzen sein. Andere Faktoren wie Beindegewebseigenschaft, Art und Intensität der Belastung und Belastungsdauer spielen aber auch eine Rolle.

Auf was man bei Schuhkauf achten sollte: Einerseits braucht die Balle genügend Volumen, andererseits darf die Ferse nicht zu breit sein. Weil Hallux-valgus-Leidende meist auch Einlagen tragen müssen, sollte der Schuh zudem für Einlagen geeignet sein. Das kann ganz schön kompliziert werden, Betroffene wissen das.
Die Problematik liegt darin, dass sich die Proportionen des Fusses verschieben. Das Verhältnis von Rückfussbreite zur Ballenweite verändert sich so, dass Schuhe, die im Vorderblatt passend sind, in der Hinterkappe zu locker werden und der Fuss den Halt verliert. Da kommt man um eine Schaftanpassung (lokales ausweiten) nicht herum. Ich habe immer wieder Kunden, die können Ihre gewohnten Schuhe gar nicht mehr anziehen ohne ein wahres Martyrium zu erleiden. Dort ist der Punkt, wo eine Schuh-Massanfertigung angebracht ist. Besonders dann, wenn schmerzhafte Druckstellen an der Fuss-Sohle dazukommen. Solche Kunden können in der Regel keine anderen Schuhe mehr anziehen als solche, die über ihren individuellen Leisten hergestellt wurden.

Abb. oben links: Bei dieser Hallux valgus Deformation kommen konfektionierte Spezialschuhe nicht mehr in Frage, das Verhältnis von Ballen- zu Fersenbreite ist zu unterschiedlich. Weil der Fuss an sich nicht schmerzhalft ist wird er auch nicht operiert. Die eleganteste Lösung sind Mass-Schuhe.

Mehr können Sie hier erfahren.

Sonntag, 16. Mai 2010

Orthopädie + Reha-Technik 2010

Eine ereignisreiche Woche liegt hinter mir. Vom 10.-15. Mai fand in Leipzig die internationale Orthopädie + Reha-Technik Messe statt. Diese zweijährlich stattfindende Messe und Kongress ist die grösste orthopädietechnische Fachveranstaltung in Europa. Am Samstag, 15.05.2010 hatte ich einen Vortrag zum Thema digitale Technologie für orthopädische Schuhherstellung.

An jenem gut besuchten Symposium war ich nicht der einzige, der über den Einsatz und Erkenntnisse im Feld von 3D-Scan und CAD-CAM Technik sprach. Man sieht, dass das Thema bearbeitet und diskutiert wird. Insgesamt stelle ich so etwas wie eine vorsichtige Zustimmung fest. Es kommt mir vor, wie am Vorabend des Personal-Computer-Zeitalters, als man eine Ahnung davon hatte, dass die mechanische Schreibmaschine bald ausgedient haben wird, aber man noch nicht genau wusste, was ein PC denn so leisten kann. Was ich bei meinem nächsten Referat noch besser darstellen muss sind die Standardprozeduren, mit denen wir arbeiten. Oder anders gesagt: Wie ich eine bestimmte Einstellungen in eine gescannte Fussoberfläche bringe.

CAD-CAM kann ja offiziell in der Schweiz im Tarifbereich der OSM nur bei einfachen Fällen klappen. Bei „komplexen“ orthopädischen Fällen werden die Versicherten von Amts wegen vor einer modernen Technik geschützt. Wo man in anderen Ländern davon ausgeht, dass es egal ist, welche Technik und Methode zum Ziel führt, hat man in der Schweiz also eine Innovationsbarriere aufgestellt.

Gerade im Bereich des Leistendesigns finde ich es sehr wichtig, dass dem Handwerker eine gewisse Regelmässigkeit der Anpassungen von Leistenmodellen bleibt, egal mit welcher Methode er arbeitet. Ich befürchte, dass die allgemein rückläufige Tendenz der Verordnungen von Massanfertigungen, die sehr teure und exklusive Positionierung am Markt und eine rigide technische Herstellungsvorschrift zu Know-how Verlust und dadurch zu einer Verringerung der Marktteilnehmer und lokaler Lieferantenmonopole führen wird. Ist das so gewollt?

Kommentare zu diesem Blog sind möglich und gerne gesehen, im Ortho-Portal Forum oder als Kommentar zu diesem Blog.

Bis bald
Patrick Winkler

Sonntag, 9. Mai 2010

Pes equinovarus

Im Blog vom 24. April 2010 habe ich versprochen, auf das Thema der „pathologischen Zustände“ von Füssen einzugehen. Der Begriff steht im Tarif OSM für orthopädieschuhtechnischer Arbeiten und meint, dass an einem Fuss etwas nicht in Ordnung und damit jemand handicapiert ist. Ich will heute mit einer neurogenen Fehlfunktion anfangen.

Der Pes equinovarus (oder auch: Pes varus) ist ein Fuss, der nach lateral, also auf die Aussenseite abkippt und dadurch instabil ist. Verursacht wird er beim Erwachsenen meist durch eine Störung der Nervenversorgung mit Schwächung der Preonaeus-Muskelgruppe oder mit Überfunktion des Tibialis posterior Muskels.

Das Ziel einer konservativen Versorgung beim Erwachsenen ist die Erhaltung der Stabilität und Belastbarkeit im Rückfuss. Die Intensität der Dysbalance kann sehr unterschiedlich sein. In schweren Fällen müssen wir entweder Unterschenkelorthesen oder hohe Mass-Schuhe machen, in leichteren Fällen können wir durch eine gezielte Beeinflussung durch Fussbettung und Statikaufbau mit Halbschuhen behandeln. Das ist für den Träger/in am angenehmsten und sieht am wenigsten auffällig aus.

Abbildung: Diese Patientin konnte bislang nur hohe Stabilschuhe tragen. Aber auch diese verursachten immer Druckstellen am Knöchel. Durch einen gezielten lateralen Gegendruck im Fussbett und eine genaue Abgrenzung am Aussenknöchel kann sie nun auch leichte Halbschuhe anziehen, was im Sommer viel angenehmer ist.

Bis bald
Patrick Winkler

Samstag, 8. Mai 2010

Griechische Fussform

Man spricht derzeit viel über Griechenland, über den drohenden Staatsbankrott und Strassenproteste. Auch als Ferienland ist Griechenland und sind vor allem die griechischen Inseln sehr beliebt. Wussten Sie aber, dass es auch eine griechische Fussform gibt? Etwa 20 Prozent der Menschen haben diese natürliche Formgestalt, bei der die zweite Zehe länger ist als die Grosszehe. Wenn es um die Schuhe geht, spielt die Fussform im Längen-Weiten System der Leistennormen eine Rolle. Die Zehen dürfen die Spitze der Vorderkappe des Schuhes nicht berühren, sonst droht sich die Zehe mit der Zeit zu krümmen. Deshalb eignen sich in diesem Fall Schuhe mit einer rund zulaufenden Schuhspitze und keine breiten, abgeflachten Naturformen.

Griechische Fussform
Bis bald
Patrick Winkler

Montag, 3. Mai 2010

Moderne Technologie in der Orthopädieschuhtechnik

Optische 3D-Scanner sind Geräte, die die Oberfläche eines Körpers abtasten und ein digitales Bild davon erzeugen. CAD-CAM Werkzeuge sind Programme und Geräte, mit deren Hilfe man die 3D-gescannten Oberflächen bearbeiten und auf ein Werkstück übertragen kann.
Diese Techniken sind in der Orthopädietechnik schon weit verbreitet. Man setzt sie unterstützend ein bei der Herstellung verschiedenster Hilfsmittel wie Einlagen, Schuhleisten, Sitzschalen, Rumpforthesen, Kompressionsversorugnen, Prothesenschäfte und mehr.
Diese Technologie wird jedoch den Sachverstand des Orthopädiehandwerkers nicht ersetzten. Derartige Vorstellungen von einer Maschine, die selbständig eine individuelle orthopädietechnische Versorgung erfüllen kann, muss man leider ins Land der Wünsche verweisen. Es braucht immer beides: Das Wissen und Können des Fachmannes und die optimale Arbeitsmethode. Das ist für uns unter anderem die digitale Technik.

Bis bald
Patrick Winkler

Sonntag, 2. Mai 2010

Rahmengenähte Schuhe

Ich habe meine Berufstätigkeit mit einer Handwerkerausbildung der traditionellen Art begonnen und gehöre zu jener Generation von Orthopädieschuhmachern, die das Rahmennähen und andere alte Techniken noch von der Picke auf gelernt haben. Wenn ich mich recht erinnere war ich im letzten Kurs, der in der Lehrabschluss- und Meisterprüfung noch darauf geprüft wurde.
Es gibt unterschiedliche Techniken, wie man früher den Schuhboden (die Sohle) mit dem Schaft (der Oberteil des Schuhes) durch Handnähte verbunden hat. Der Calceologe Serge Volken aus Lausanne hat ein wunderbares Buch darüber herausgegeben. Bei der Technik des rahmengenähten Schuhes wird die Brandsohle (die Sohle im Schuhinneren) mit dem Rahmen (Rand am Schaftumschlag) vernäht. Wir haben dazu Hanfgarn verwendet, den wir mit Pech verwachst und eingedrillt hatten. Als Nadel haben wir Schweineborsten eingedreht. Schweineborsten sind standfest und dennoch elastisch und lassen sich gut durch das mit der Blattahle (die früher auch Pfriem genannt wurde) gestochene Loch zwischen der Rangierung der Brandsohle und der Kerbe des Rahmens führen.
Heutzutage kommen von Hand rahmengenähte Schuhe eher selten vor. Es gibt aber noch Schuhmacher, die diese Tradition pflegen und Schuhe mit solchen Macharten anbieten. Durch-, rahmen- oder flexibelgenähte Macharten gibt es zwar noch auf dem Markt, das sind aber meistens Maschinennähte.
Manchmal können Sie mich an historischen Festen treffen, wo ich den sogenannten Kuhmaulschuh in einer nachgebildeten Zunftschuhmacherei des 16. Jhd handnähe. Die Werkstatt ist eine Nachbildung einer Zeichnung des Künstlers Jost Amman von 1568 und ist Eigentum einer E. Zunft zu Schuhmachern in Basel. Das letzte Mal war ich für die Vereinigte Zünfte zur Gerwe und Schuhmachern am Mittelaltermarkt auf dem Münsterhof in Zürich.

Vereinigte Zunfte zur Gerwe und Schuhmachern am Spectaculum 2008, Zürich


Bild: Spectaculum auf dem Münsterhof in Zürich, 21.08.2008, Vereinigte Zünfte zur Gerwe und Schuhmachern

Bis bald
Patrick Winkler

Mittwoch, 28. April 2010

Eine Nummer zu gross?

Lieber eine Nummer zu gross und zu weit, dachte sich diese Kundin mit hemiplegischem Fallfuss* und Pes planovalgus (*das ist eine Behinderung, bei der der Fuss beim Gehen herunterfällt und nach innen Abknickt). Leider hat ihr das nichts gebracht, sie hatte keinen Halt in diesem Schuh (siehe Bild unten) und mit der Heidelbergerschiene, die sie auf einer Seite tragen musste, war sie ebenfalls unglücklich.

Gross und weich und weit, denkt man, ist immer das Beste wenn man Druck- und andere Probleme hat. Stimmt nicht immer. Wie in diesem Fall eines schlaffen Lähmungsfusses ist möglichst viel Rückfuss-Stabilität gefragt und eine Funktion, die den Fallfuss verhindert.

Das liess sich mit einem hohen Mass-Schuh mit leichter Perokappe am einfachsten lösen: Keine Klettenbänder mehr an den Orthesenschellen, nicht mehr das Handieren mit mehrteiligen Hilfsmitteln, leicht im Gewicht und viel Halt. Die Kundin trägt diese Schuhe jetzt schon ein halbes Jahr, ist zufrieden damit und wir machen ihr schon das zweite Paar. Kostenträger ist in diesem Fall die AHV.

Prophylaxeschuh im Vordergrund, Mass-Schuhe im Hintergrund
Bis bald
Patrick Winkler

Dienstag, 27. April 2010

Risiken bei Diabetes, Teil 1

Bild anklicken um Auflösung zu vergrössernDiabetiker haben wegen der verminderten Heilung und der Neigung zur Neuropathie (Rückgang der Gefühlsempfindung in einem Glied) ein erhöhtes Druckstellenrisiko. Deswegen muss der Diabetiker mit Neuropathie seine Füsse regelmässig kontrollieren. Auch die fachgerechte Fusspflege spielt eine wichtige Rolle.
Aufpassen muss man in solchen Fällen auch mit Hilfsmitteln an Bein und Fuss weil diese eine Stützt- und Entlastungsfunktion haben und an bestimmten Stellen zu erhöhtem Druck führen können. Auch der Patient selber ist in diesem Fall aufgehalten, die Wirkung seines Hilfsmittels zu überprüfen.

Mit der Abbildung oben möchte ich Ihnen ein Beispiel einer individuell angeformten Zehenorthese aus Silikon zeigen, die ich kürzlich zu sehen bekam. Weil die Abformfläche nicht bearbeitet war sind Rauheiten stehen geblieben, die durch das Abdrucknehmen in den Hautfalten und Hohlräumen zwischen den Zehen entstanden sind. Solche raue Oberflächen können Druck auslösen und sogar zu blutenden Verletzungen an den Zehen führen.

Jedes Hilfsmittel für Diabetiker sollte eine glatte Oberfläche haben und elastisch sein. Damit vermindern wir das Risiko von Hautverletzungen und letztlich Infektionen.

Denn Diabetiker brauchen Bewegung noch dringender als die Gesunden.

Bis bald
Patrick Winkler

Samstag, 24. April 2010

Das Besondere am Mass-Schuhe Herstellen

Heute will ich etwas über das Geschäft des Herstellens orthopädischer Mass-Schuhe erzählen. Die Mass-Schuh Dienstleistung ist ein Teilgebiet der Orthopädie-Schuhtechnik. Was sind aber eigentlich orthopädische Mass-Schuhe*? Es sind individuelle Hilfsmittel für komplexe pathologische Zustände** der Füsse und werden nach einem kundenindividuellen Leistenmodell hergestellt und angepasst. Ein Mass-Schuh ist nicht von der Stange. Die Anpassung von Mass-Schuhen verlangt vom Fachmann/frau wegen der ausschlaggebenden Bedeutung des Leistens und Einstellungsdaten nicht nur Kenntnisse der Anatomie und Pathophysiologie, sondern auch Formensinn und räumliche Vorstellungskraft. Deshalb kann man als Fachgeschäft das Mass-Schuh Business nicht nebenbei und unter „ferner liefen“ betreiben, denn es ist etwas Besonderes. Um erfolgreich zu sein muss sich eine in der Firma dafür verantwortliche Fachperson darauf fokussieren können, es braucht spezifisches Know-how und eine gewisse Häufigkeit der Fälle. Ideal finde ich, um einen gewissen Fertigkeitslevel zu erreichen und zu halten, etwa 100 Neuversorgungen mit Leistenherstellung pro Jahr. Wer es zu seinem Angebot zählt ist ein „Vollblut“ in seinem Fach und muss seine Energie und etwas Enthusiasmus in diese Aufgabe stecken.

Das ist meine Ansicht, sie entspringt einer 30jährigen Erfahrung in dieser Disziplin. Der Erfolg hat mir bisher Recht gegeben.

Bis bald
Patrick Winkler

* gemäss Begriffliste des Internationalen Verbandes der Orthopädie-Schuhtechniker IVO 1991, S. 217, Link zur Homepage des IVO
** wie diese Zustände genau aussehen werde ich in einem späteren Beitrag eingehen

Mittwoch, 21. April 2010

Kosmetik

Auflösung verbessern durch Anklicken des Bildes Nach der „Ästhetik“ (Post vom 21.04.2010) möchte ich mich heute mit einem weiteren Begriff befassen. Kosmetik ist vom altgriechischen Verb [κοσμέω] kosméo „schmücken“ abgeleitet. Im Allgemeinen wird der Begriff für die Körper- und Schönheitspflege verwendet. Wir verwenden den Begriff um die Verschönerung von orthopädischen Schuhen durch Modell-, Farb- und Materialwahl und Kaschierungen zu beschreiben.

Die moderne Orthopädieschuhtechnik bietet hier eine Fülle von Variationen. Der Kunde kann sich seinen Schuh selber zusammenstellen aus einer vielfältigen Auswahl von Farben und Lederarten, die in verschiedenen Kombinationen eingesetzt werden können. Die Modellkataloge bieten eine Reichhaltige Auswahl von Vorlagen.

Mit Ästhetik und Kosmetik verbessern wir die Schuhe, soweit es Deformation und Pathophysiologie zulassen.

Abbildung: Klicken Sie auf das Bild um die Auflösung zu verbessertn.

Bis bald
Patrick Winkler

Ästhetik

Auf das Bild klicken um die Auflösung zu verbessern Ästhetik kommt vom altgriechischen aísthesis und bedeutet „Wahrnehmung“. In meiner täglichen Arbeit habe ich mit Ästhetik zu tun bei der Gestaltung der Leistenformen.
Ein Leisten ist eine Formschablone, die der Orthopädieschuhmacher benutzt um Mass-Schuhe herzustellen, manchmal auch um Änderungen an Konfektionsschuhen zu machen. Bei orthopädischen Mass-Schuhen hat jeder Kunde seinen eigenen individuellen Leisten, der nur für ihn gebraucht wird. Das Erscheinungsbild des Schuhes hängt von der Ästhetik des Designs ab. Ist die Form natürlich, wird auch der Schuh ein natürliches Aussehen haben.

Zuerst tasten wir die Körperoberfläche des Fusses mit einem optischen 3D-Scanner ab. Dadurch erhalten wir einen Datensatz, der mit spezieller Software ein Design erhält, d.h. auf die Form gebracht wird, die sich eignet um einen Schuh damit zu konstruieren. Diese Form wird auf einer computergesteuerten Fräsmaschine aus einem Stück Holz gefräst und davon wird eine durchsichtige Folie hergestellt, mit der wir die Feinheiten der Passform und Einstellung überprüfen können. Nach diesem Arbeitsschritt wird das Leistenmodell nachgetunt (man sagt auch „chaussiert“) und auf den endgültigen Zustand gebracht. Jetzt kann der Schuh hergestellt werden.

Das Design und Anpassen von Leisten für orthopädische Mass-Schuhe bei komplexen Fussdeformationen und Fehlfunktionen ist unsere Kernkompetenz und tägliche Arbeit. Aus Erfahrung wissen wir, dass dieser Arbeitsschritt der entscheidende ist was die Passformqualität und Funktionalität des Schuhes betrifft. Das Wissen und Können meiner Mitarbeiter fokussiert sich in der Formgestaltung und Ästhetik. Ästhetik ist in diesem Zusammenhang nicht ein Verschönerungsanhängsel sondern eine wichtige Grundlage des Good-Design.

Bis bald
Patrick Winkler

Dienstag, 20. April 2010

Lockere Schuhe?

Stellen Sie sich vor: Frau X hat schmerzhafte und empfindliche Zehen, alle Schuhe drücken. Frau X kauft sich deshalb die weitesten Schuhe und sogar zwei Nummern zu gross, die sie finden kann und - darum geht es - schnürt sie nur locker zu. "Wenn ich die Schuhe fest zuziehe, würde es mich drücken" denkt sie.
Leider falsch entschieden, die Schuhe dürcken noch immer und die Ferse schlappt, vorne im Schuh stossen die Zehen an und hinten an der Ferse ist Hohlraum. Die Reaktion von Frau X ist zwar nachvollziehbar aber genau die Falsche. Ein Spreizfuss (das ist die Voraussetzung für Zehendeformationen) hat immer die Tendenz in einem Schuh nach vorne zu rutschen, und je weiter der Fuss rutscht, desto grösser wird der Druck auf die Zehen. Das Gegenteil vom lockeren Verschliessen ist richtig: Geben sie sich einen guten Halt im Schuh, schnüren sie gut zu damit die Ferse in der Kappe bleibt. Der Rest, die Anpassung des Schaftes und der Einlage, ist dann die Aufgabe des Orthopädieschuhmachers. Damit sie wieder Gehen können wie auf Wolken.

Bis bald
Patrick Winkler

Sonntag, 18. April 2010

Mut zur Provokation

Unter diesem Titel lese ich gerade einen Artikel in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins OT. „…ein attraktives Schaufenster [eines Orthopädiefachgeschäftes] darf auch provozieren, zum Beispiel einen beinamputierten Sportler zeigen…“ heisst es da. Was im ersten Moment schockiert, erweist sich beim Nachdenken als harmlos. Auch die Pro Infirmis zeigte in seiner Plakatcampagne 2001-2008 mit ungewohnten und aufrüttelnden Bildern die Situation behinderter Menschen. Die Bilder sollten in den Köpfen der Öffentlichkeit ein neues, gewandeltes Verständnis von selbständigen und eigenverantwortlichen Menschen mit einer Behinderung verankern.

Früher hatte man behinderte Familienmitglieder oft versteckt, heute gehören sie zum Alltag und sind Teil der Gesellschaft. Aus der Optik der Gehbehinderung führt mich der Gedanke weiter zu der Feststellung, dass ein körperlicher Funktionsverlust dort, wo die moderne Chirurgie kein Operationsverfahren dagegen hat und ihn restlos aufheben kann, nicht unsichtbar gemacht werden kann. Natürlich möchte man eine Behinderung möglichst verdecken, das ist menschlich und legitim. An dem Punkt, wo der Wunsch einer optisch annehmbaren Versorgung steht, beginnt die Kosmetik (altgr. kosmetikós „schmücken“, hier: Verdecken durch Kaschierung) und Ästhetik (altgr. aísthesis „Wahrnehmung“, hier: Anstreben natürlicher Formen).

Wenden wir uns dem orthopädischen Mass-Schuh zu: Vor allem die Ästhetik betrachte ich als den wichtigen Teil um Akzeptanz zu schaffen. Gelingt eine gute Ästhetik und naturnahes Design, hilft es dem Träger des Mass-Schuhes, sein Handicap anzunehmen und sich damit zu identifizieren. Mit guter Ästhetik ist nicht gemeint, dass man die Formabweichung nicht mehr sieht, sondern dass sie natürlichen Mustern und Proportionen folgt, die im Gehirn des Betrachters eine Verbindung zu bekannten Mustern herstellt. Dagegen wirkt eine unnatürliche Form eines Hilfsmittels wie ein Verstärker des Gefühls, absonderlich und ausgefallen zu sein, sie verstärkt das Gefühl von Behinderung. Das Gehirn eines Betrachters kann die Erscheinung nicht sofort zuordnen und produziert ein X-file, erkennt einen Defekt.

So gesehen hilft auch Good-design, sich nicht behindern zu lassen. Daran ist nichts mehr provokativ, oder?

Bald mehr zu diesem Thema.
Ihr Patrick Winkler

Quelle: Orthopädie-Technik 4/2010, S. 234 (Verlag OT, Dortmund)

Donnerstag, 15. April 2010

ISO 9001 / 13485


Weil ich heute mit meinem Q-Auditor, Herr Schmucki von InterQ, mein internes Audit hatte, will ich Ihnen etwas über das überwachte Qualitätssicherungssystem berichten.

Qualitätssysteme sind dazu da, die Geschäfts- und Herstellungsprozesse zu standardisieren und dadurch lenk- und kontrollierbar zu machen und unter anderem Rückverfolgbarkeit, Fehlererkennung und weiteres zu gewährleisten. Verschiedene Regulierungen verlangen Normen, wie der betriebliche Unfallschutz und Gesundheitsschutz, die Sicherheit bei medizinischen Hifsmitteln und der persönlichen Arbeitsausrüstung (z.B. Sicherheitsschuhe). Es ist überdies auch wichtig beim Austausch von Dienstleistungen im Herstellungsbereich von individuellen Mass-Schuhen. Deshalb sind wir nach EN ISO 9001 und 13485 zertifiziert.
Mehr erfahren können Sie unter InerQ.
Bis bald
Patrick Winkler

Montag, 12. April 2010

Willkommen

Ich begrüsse Sie recht herzlich auf meinem Blog.

Mein Name ist Patrick Winkler. Ich bin Experte im Bereich Ortho Schuh Technik. Ich freue mich auf Ihr Interesse an meinem Fachgebiet und werde mir Mühe geben, viele interessante Facetten und Ereignisse aus meinem Tätigkeitsfeld zu präsentieren. Wann immer Sie etwas mitzuteilen haben, können Sie meinen Blog kommentieren. Im ortho-portal Forum steht Ihnen zudem die Möglichkeit offen, ein Thema, dass Sie interessiert, zur Diskussion zu stellen.

Bis bald
Patrick Winkler