Mittwoch, 22. Februar 2012

Umbruch

"Das Orthopädieschuhmacher-Handwerk befindet sich im Wandel" bestätigt der Redaktor des renommierten deutschen Fachmagazins Orthopädie-Schuhtechnik im Editorial der Ausgabe 2/2012. In erster Linie spricht er darin nicht das pekuniäre System, also die Kassen und die Leistungen an, sondern die neuen Fertigungstechniken, die neuen Verfahren und elektronischen Werkzeuge, die das Métier erobern und allmählich die herkömmlichen Arbeitsverfahren verdrängen werden.
Umbrüche bringen immer veränderte Strukturen hervor. Die Rollenverteilung der Marktakteure verändert sich genauso wie die Betriebsmodelle. Bewährte Modelle werden durch neue Finanzierung, Organisation und Strategie abgelöst.
Umbrüche bringen neue Marktleader hervor und lösen alte ab. Es wird Gewinner unf Verlierer geben und niemand sollte sich der Überlegenheit seines gewohnten Systems und seiner Kompetenz zu sicher sind. Das betrifft auch mich selber.
Der Umbruch ist schleichend, fast unmerkbar. Er gab eine Zeit in der Mitte des 19. Jahrhunderts, als die ersten Fabriken begannen, Schuhe herzustellen. Es dauerte etwa 50 Jahre, bis das Schuhmacherhandwerk aus dem Markt der Schuhherstellung verdrängt war. Das muss nicht sein wenn man offen ist für Neues.

Ich wünsche uns allen viel Erfolg im Wandel.

Bis bald
Patrick Winkler

Sonntag, 22. Januar 2012

Was du ererbt hast

Was du ererbt von deinen Vätern hast,
erwirb es,
um es zu besitzen.

Johann Wolfgang Goethe

In die Prosa des Alltags übersetzt will das Dichterwort uns sagen: Es ist falsch, gedankenlos dem Trott des Alltags zu folgen und zu glauben, es gehe immer weiter so. Vor 40 oder 50 Jahren war es selbstverständlich, dass jedem Berufszweig seine Spezialität zugewiesen wurde. Der Quartierbäcker wie der Quartiermetzger fanden ihr Auskommen, wie selbstverständlich ging man zum Schuhmacher um die Schuh reparieren zu lassen und zum Orthopädieschuhmachermeister, wenn normale Schuhe nicht mehr passen wollten.

In der Stadt sind Quartierbäcker und Quartiermetzger rar geworden, man findet Ladenketten, geht ins Einkaufscenter und zum Grossverteiler. Schuhe werden nicht mehr so oft repariert, von den einst 200 Schuhmacherbetrieben in Basel im Jahr 1940 sind heute noch etwa 30 geblieben und nur wenige davon haben noch das Know-how, Schuhe herzustellen (mit einigen originellen Ausnahmen!).

Ob durch diese Veränderungen unsere Lebensqualität geringer oder besser geworden ist lasse ich offen. Sicher ist, dass die Zeiten sich geändert haben und mit ihnen die Ansprüche und Gewohnheiten der Konsumenten, die Betriebsmodelle der Marktteilnehmer und die Techniken der Hersteller.

Und die Moral der Geschicht? Auf der Stelle stehe nicht!

Bis bald
Patrick Winkler

Sonntag, 15. Januar 2012

Hilfsmittel der Rehabilitation

Hilfsmittel sind im medizinischen Bereich "Gegenstände" der Krankheitsbehandlung, Vorbeugung oder Ausgleich einer Behinderung. Am bekanntesten sind die in den Hilfsmittellisten des KVG und IVG definierten Gegenstände wie Sehhilfen, Hörhilfen, orthopädische Hilfen wie Orthesen, Prothesen oder Schuhe, Rollstühle, Gehhilfen und Bandagen. Nicht für alle diese Hilfsmittel gibt es eine Leistungspflicht der Versicherungen.

Beim Schuh ist die Situation nicht immer leicht zu deuten. Ein Schuh ist ein Gegenstand, der jeder gesunde Mensch braucht, ihn selber auswählt und kauft. Für einen behinderten Menschen kann ein Schuh, der individuell geformt ist und bestimmte Funktionen übernimmt, ein Mittel zur Behandlung darstellen. Er stellt somit einen medizinisch indizierten Schutz vor einem Gesundheitsrisiko dar. Dieser Schuh ist aber immer noch ein Mittel des täglichen Gebrauchs, des Schutzes vor Kälte und Nässe und der Härte des Bodens, wie das auch beim "normalen" Schuh des gesunden Menschen der Fall ist.

Orthopädische Schuhe sind also sowohl Gebrauchsmittel zum Schutz des Fusses, der Mode unterworfenes Bekleidungsstück und auch Hilfsmittel zur Behandlung und Ausgleich einer Krankheit. Im Tarif der Versicherung gibt es unterschiedliche Arten von orthopädischen Schuhen wie Komfortschuhe, Spezialschuhe, orthopädische Serienschuhe, Massschuhe, Innenschuhe. Nur Fachleute, die sich in diese Materie vertieft haben, verstehen die Abrenzung, die oft schwierig, manchmal umstritten und eine Interpretationsfrage ist.

Orthopädische Schuhe gehören im grossen und ganzen in das Leistungsfeld der Sozialversicherungen IV, AHV und SUVA und werden bezahlt, wenn eine ärztliche Indikation dafür festgestellt ist. Leistungserbringer sind die Schuhmacher, Orthopädie-Schuhmacher und Orthopädisten. Da die Kostenschere der oben genannten Schuharten sehr gross ist - ein Komfortschuh mit Einlagen beginnt bei ca. 500 Franken - ein Mass-Schuh mit Innenschuh endet bei ca. 8'000 Franken - entsteht ein natürlicher Druck auf die teuren massgefertigten Hilfsmittel. Deshalb wird seit Jahren von einem Rückgang in diesem Feld berichtet, was vor allem die Orthopädieschuhmacher trifft.

Wer dieser Berufsleute wird den Zutritt in diesem Markt der Massanfertigung halten können? Wer wird herausfallen? Wer wird die Herausgefallenen beerben? Wer wird in 10 oder 20 Jahren noch das Know-how der Leistenherstellung besitzen?

Alle diese Fragen stehen zur Diskussion.

Bis bald
Patrick Winkler

Samstag, 31. Dezember 2011

OECD Bericht zur schweizerischen Gesundheitspolitik

Am 17. Oktober 2011 erschien der
OECD Reviews of Health Systems - Switzerland . Dieser Bericht ist eine Übersicht über die politische und ökonomische Situation des Gesundheitsmarktes mit besonderem Fokus auf das Gesundheitspersonal, Gesundheitsversicherungsmarkt und Gesundheitspolitik.
Die Studie zeigt unterschiedliche Problemfelder auf, wie etwa einem Ungleichgewicht zwischen Prävention und kurativer Medizin oder dem im OECD-Raum überdurchschnittlichen Kostenwachstum.
Einen Nachholbedarf sieht die Studie auch im Bereich der Transparenz bei Qualität und Wirksamkeit. Auch sollten neue Abgeltungsmethoden in Betracht gezogen werden da das gegenwärtige Finanzierungs- und Rückerstattungssystem Anreize zu kostenintensiven Behandlungen gibt.

Die Gesundheitsexperten geben sich gelassen. Man sieht zwar den Mangel an Effizienz, die meisten Glauben aber, dass das Verhältnis von Preis und Leistung genügend sei. Xavier Comptesse von Avenir Suisse sieht die Ursache der Ausgabensteigerung in der gestiegenen Nachfrage infolge der zunehmenden Überalterung.

Bis bald
Patrick Winkler

Freitag, 23. Dezember 2011

OECD zur schweizerischen Gesundheitspolitik

Aus der Zusammenfassung des Berichtes zur Studie der OECD und WHO in einer Studie von 2006:
Das Gesundheitssystem der Schweiz gewährleistet gute Gesundheitsstandards und eine umfassende Versorgung der Bevölkerung, allerdings haben diese Erfolge ihren Preis. Beide Organisationen loben das System für seine gute Qualität, empfehlen aber gleichzeitig, die hohen Kosten im Rahmen zu halten.

Im Vergleich zu anderen OECD-Ländern hat die Schweiz ein sehr gut ausgebautes Gesundheitssystem. Es bietet einen universellen Krankenversicherungsschutz, Zugang zu einem breiten Angebot an modernen Gesundheitsdienstleistungen und die Patienten sind im Großen und Ganzen mit der Versorgung zufrieden. Allerdings ist in der Schweiz der Anteil der Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandsprodukt nach den USA der zweithöchste innerhalb der OECD. Die Systeme anderer OECD-Länder erbringen bei niedrigeren Kosten die gleichen oder sogar besseren Leistungen als das der Schweiz.

Bis bald
Patrick Winkler

Donnerstag, 22. Dezember 2011

Was tut ein Schuhmacher?

Bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts war es noch einfach, man konnte sagen: Der Schuhmacher macht Schuhe, d.h. er stellt sie her. Gemäss den damals üblichen persönlichen Zunftzwängen und Hofrechten haben sich die Schuhe herstellenden Schuhmacher, die das zünftige Gewerbe repräsentierten, von den nichtzünftigen, meist ländlichen, reparierenden Berufskollegen abgegrenzt.

In England nannten sich die gehobenen herstellenden Schuhmacher Cordwainers in Anlehnung an das damals geschätzte Cordoba-Leder. Die zunftfremden Schuhreparateure nannte man Cobbler, während die Engländer unter cobbled soviel wie "zusammengebastelt" verstehen. Dieses sprachliche Abgrenzungsmuster, das in der deutschen Sprache dem "Schuhmacher/Flickschuster" entspricht, finden wir auch im italienischen calzolaio/ciabattino, wo man ciabattino auch mit Pfuscher übersetzen kann während calzolaio der Schuhmacher war/ist. In Frankreich's Ancie Régime kannte man neben dem Bottier und Cordonnier den Begriff Savetier, der eine ähnlich abwertende Färbung zu haben schien, heutzutage aber nicht mehr üblich ist. Savate lässt sich als "alter Schuh" wiedergeben.

Die Zunftverfassungen behielten das Recht der Herstellung von Schuhen in ihren meist städtischen Einflussgebieten den Schuhmachern, Bottiers, Cordwainers und Calzolaio vor. Wer dieses Zunftrecht nicht hatte wurde allenfalls als reparierender Schuhmacher geduldet und war ein "Altmacher", "Störer" oder "Pfuscher", damals synonym für ausserzünftige Handwerker, mancherorts Landhandwerker eingeschlossen. Deren Arbeit konnte von den Zünften nicht kontrolliert werden und war ihnen deswegen suspekt. Noch heute versteht man in Österreich unter dem Wort Pfusch illegale Arbeit.

In England hat sich die Begriffsbedeutung heutzutage dahin verändert, dass sich ein Cordwainer als Mass-Schuhmacher versteht und sich damit von der industriellen Massenproduktion abgrenzt. Cordwainer und Shoemaker sind Synonyme. In Deutschland und Österreich nennen sich die Mass-Schuhe herstellenden Fachleute Maßschuhmacher, so auch in der Schweiz, wo jedoch häufig ebenso der französische Begriff Bottier benutzt wird. Bottier wird in der deutschen Sprache oft fälschlich als Stiefelmacher übersetzt, er stellt jedoch den klassischen Massschuh- oder Orthopädie-Massschuhmacher dar.

Seit die Schuhmacher mit dem Ende des 19. Jahrhunderts endgültig die Rolle der Schuhherstellung an die Industrie abgegeben haben, gehört der deutsche Begriff Schuhmacher mehrheitlich den Servicefachleuten um Schuh und Fuss, also den reparierenden Schuhmachern. Dieselben betreiben häufig, sofern sie das Métier gelernt haben, auch Schuhhandel, Einlagenherstellung, Kleinorthopädie und vieles mehr. Die neue "zünftische" Grenze verläuft, seit die Versicherungen Leistungen an orthopädische Mass-Schuhe erbringen, zwischen Schuhmachern und Orthopädieschuhmachern. Letztere sind heute diejenigen, die zur Lieferung von orthopädischen Mass-Schuhen zugelassen sind, wobei man nicht vergessen darf, dass sich etliche Schuhmacher ausserhalb von Versicherungsleistungen im Markt der Mass-Schuhherstellung behaupten können und diesen immer noch (oder sogar vermehrt) bedienen. (Mehr dazu in einem späteren Blog)

Die Bedeutung von Begriffen kann sich, wie wir sehen, mit der Veränderung der wirtschaftlichen Rolle, verschieben. Das wird auch in der Zukunft so sein.

Bis bald
Patrick Winkler

PS: Nennen Sie ihren Schuhmacher oder Schuhservicefachmann nicht "Flickschuster", das wird meistens Abwertend aufgefasst.

Sonntag, 11. Dezember 2011

Neue Techniken in der Orthopädie

Neue Techniken halten Einzug in der Orthopädieschuhtechnik. Leistenmodelle für komplexorthopädische Mass-Schuhe können heute mit Hilfe digitaler Werkzeuge hergestellt werden, in der Ausgabe der OT 12/11 habe ich darüber geschrieben.

CAD-CAM gestützte Herstellung für komplexorthopädische Schuhe ist möglich, die Leistenherstellung ausschliesslich von Hand und mit Kunstgiessharztechnik ist nicht mehr der einzige Weg. Die Vorteile der elektronischen Werkzeuge sind der kürzere Zeitaufwand bei hoher Präzision und die Verdichtung des Know-hows auf die Formgebung und den Patientenservice.

Sie können an diesen Blog einen Komentar anhängen oder mir ein eMail senden. info@winkler-osm.ch

Bis bald.
Patrick Winkler